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Allgemeines
Das Engstfeld/Weiss-Quartett
Ein Paradebeispiel für erfrischend vitalen, akustischen Modern Jazz stellt das Düsseldorfer Engstfeld/Weiss-Quartett dar. Besonders beeindruckt die Band mit ihrem spezifischen, einmaligen Gruppensound, entstanden durch die langjährige intensive Zusammenarbeit. Besonders die Fähigkeit, verschiedenstes musikalisches Material von Standards, Eigenkompositionen sowie Bearbeitungen klassischer Musik in ein unverwechselbares Klangbild zu verwandeln, wird ihr von vielen Kritikern, Kollegen und Zuhörern bestätigt.
Tenorsaxofonist Wolfgang Engstfeld und Schlagzeuger Peter Weiss arbeiten – in verschiedenen Besetzungen – seit rund vier Jahrzehnten miteinander. Davon profitiert auch ihr seit zehn Jahren bestehendes Quartett mit dem Kontrabassisten Christian Ramond und dem Pianisten Hendrik Soll. Die Fundamente des fast ausschließlich aus Eigenkompositionen bestehenden Programms bilden der energiereiche Hardbop, Einflüsse des Latinjazz und freiere rhythmische Strukturen, wie sie vor allem im modernen Jazz der 70er und 80er Jahre aufkamen. Auf ihre letzte CD „Dichterliebe“, NRW Vertrieb, die ausschließlich aus Bearbeitungen von Robert Schumann Liedern nach den Texten von Heinrich Heine bestand, folgte 2009 mit „Back to Ballads“ eine reine Balladenplatte.
Neben ihrer Konzert-Tätigkeit in Deutschland hat die Band auch zahlreiche erfolgreiche Auslandsauftritte vorzuweisen (850 Jahrfeier Moskau, Japan-Tournee im Herbst 1997). 1999 gastierten sie unter anderem in Australien und China, im Herbst 2002 folgten Gastspiele in Portugal. Im Frühjahr 2003 gab es erneute Konzerte in Moskau, 2004 reiste die Gruppe nach Polen und Süd-Afrika. 2006 standen ein Aufenthalt in Portugal und eine erneute Zusammenarbeit mit Randy Brecker an. 2008 fanden mehrere erfolgreiche Konzerte in Brasilien statt, u.a. beim „Savassi Festival“ in Belo Horizonte. 2011 konnte man die Band bei Auslandsauftritten in Toulouse und Izmir hören.
Wolfgang Engstfeld
Tenor Saxophon, Komposition
Wolfgang Engstfeld, geb. 1950 in Düsseldorf, begann mit 14 Jahren Saxophon zu spielen. Nach ersten Erfahrungen in lokalen Bands studierte er Musik in Graz und Düsseldorf, in dieser Zeit gewann er erste Preise bei Festivals in Roermond und San Sebastian und erhielt 1973 den Förderpreis für Musik der Stadt Düsseldorf.
Anfang der 70er Jahre gründete er die Gruppe „Jazztrack“ zusammen mit Uli Beckerhoff, Sigi Busch und Heinrich Hock, mit der er vier LPs einspielte. Weitere Stationen waren ab 1978 die Gruppe „Changes“ (zwei LPs) sowie das international besetzte „Wolfgang Engstfeld-Michel Herr Quartett“ mit Leroy Lowe und Palle Danielsson bzw. Isla Eckinger/Detlev Beier. Diese Formation nahm ebenfalls zwei LPs auf. Anfang der 80er Jahre entstand das Trio „Engstfeld/Plümer/Weiss“, das Tourneen unter anderem mit Terumasa Hino (1987) und Randy Brecker (1989, 1990) unternahm und weitere drei LP/CDs einspielte. Seit 1988 besteht das „Engstfeld/Weiss-Quartett“ mit Hartmut Kracht und Achim Kaufmann, mit dem er eine CD Anfang 1990 aufnahm. 1993 „Songs and Ballads“ mit Bob Degen und Isla Eckinger. 1997 „59:59“ mit Hendrik Soll und Paul Imm. 2000 „Lisboa“ mit Hendrik Soll und Christian Ramond. Dass Wolfgang Engstfeld in diesen Gruppen nicht nur als Tenorsaxophonist, sondern auch als musikalischer Wegbereiter hervortrat, zeigen u.a. zahlreiche Eigenkompositionen und Arrangements.
Auf Festivals sowie bei Radio- und Fernsehaufnahmen spielte Wolfgang Engstfeld unter anderem mit: Terumasa Hino, Randy Brecker, John Scofield, Chet Baker, Andrew White, Wolfgang Dauner, Volker Kriegel, Manfred Schoof, Albert Mangelsdorff, Reiner Brüninghaus, Jon Christensen, Palle Danielsson, Michel Herr, Leroy Lowe, Isla Eckinger, Uli Beckerhoff, Charlie Mariano, Sigi Busch, Eberhard Weber, Christoph Spendel, Peter Weiss, Ed Kröger, Bob Degen, Detlev Beier, Gunnar Plümer, Wolfgang Ekholt, Michael Kersting, Thomas Stabenow, Klaus Weiss, Heinrich Hock, Bruno Castellucci, Ricardo del Fra, Toto Blanke, Jasper van’t Hof, Ralf Hübner, Ack van Rooyen, Axel Fischbacher, Norma Winstone, Andy Lumpp.
Wolfgang Engstfeld unternahm Konzerttourneen vor allem mit eigenen Bands in ganz Europa, aber auch in Afrika (12 Länder), Japan, Russland, Australien und China. Als Solist spielte er in den Big Bands von WDR u. NDR sowie in der Klaus-Weiss-Bigband. Neben seiner Dozententätigkeit bei verschiedenen Jazzkursen war er Lehrbeauftragter an den Musikhochschulen Hamburg, Aachen und Duisburg und ist seit 1992 Professor an der Musikhochschule Köln im Hauptfach Saxophon.
Peter Weiss
Schlagzeug
arbeitet seit 40 Jahren als Schlagzeuger im Bereich des modernen Jazz.
Konzerte und Tourneen mit folgenden Musikern:
Uli Beckerhoff, Peter O’Mara, Gunnar Plümer, Hugo Read, Zbigeniew Namyslowski, Reiner Witzel, Gerd Dudek, Ed Kröger, Hendrik Soll, Benny Bailey, Jarek Smietana, Norma Winstone, Bob Degen, Matthias Nadolny, Al Grey, Michael Küttner, Achim Kaufmann, Reiner Winterschladen, Christof Lauer, Hal Singer, Andrew White, Tata Din Din, Glen Moore, Manfred Schoof, Charlie Mariano, Randy Brecker, Terumasa Hino, James Moody, Paul Imm, Piotr Wojtasik, Christopher Dell, Dieter Manderscheid, Matthias Schriefl, Wolfgang Schmidtke, Hans Reichel, Conny Bauer, Rhani Krija, Arkadi Shilklopper, Jõao Moreira, Pablo Held, Martin Sasse, Daniel Casimir, Phillip van Endert, Wolfgang Engstfeld u.a.
Festivalauftritte:
Hamburg, Leverkusen, Gent, Moers, Burghausen, Nancy, Warschau, Nürnberg, Düsseldorf, Krakau, Brüssel, Raab, Wolfsburg, Ljubljana, Balve, Hildesheim, Marburg, Kuwait, Poznan, St. Ingbert, Sevilla, sowie ca. 3000 Konzerte bzw. Clubauftritte
Gastspielländer:
Holland, Belgien, Luxemburg, Österreich, Polen, Italien, Frankreich, Namibia, Kuwait, Japan, Russland, Jugoslawien, Spanien, Schweiz, Australien, China, Südafrika, Tschechien, Brasilien, England, Türkei
Förderpreis für Musik der Stadt Düsseldorf 1981, Mitglied des Musikbeirats und der Förderpreisjury Düsseldorf 1990–1995, Jury „Jugend jazzt“ NRW, Organisation der Konzertreihe „Jazz im Hofgarten Düsseldorf“ seit 1979, künstlerische Leitung der JazzRally 1996–1999, „Five Continents“ Expo 2000 sowie JazzSchmiede Düsseldorf. Seit der Gründung 1989 ist er Leiter des Jazzpools NRW.
Rundfunkmitschnitte und Produktionen bei fast allen deutschen Anstalten sowie div. Fernsehproduktionen, u.a. Feature in „aspekte“.
Homepage: www.weisspeter.com
Hendrik Soll
Piano
Hendrik Soll (*1963) begann mit einer klassischen Klavierausbildung, war als Jugendlicher mit Bands der Musikszene Ruhrgebiet aktiv und arbeitet nunmehr seit über 20 Jahren als freischaffender Musiker.
Durch seine langjährige Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Musikerinnen und Musikern unterschiedlicher Genres war er bis heute in verschiedenen Besetzungen bei renommierten Jazzfestivals vertreten (… Krakau, Kuweit, Manly, Oleg Kagan Musikfest, Berlin, Salzau, Leverkusen, Leipzig, North Sea Festival, Jazz an der Donau, Villingen-Schwenningen …), hat mehrere Auslandskonzertreisen unternommen (… Polen, Tschechoslowakei, Japan, Australien, Indien, Portugal, Russland, Kroatien, Südafrika, USA, Brasilien …), und an zahlreichen CD-, Rundfunk-, und Theaterproduktionen mitgewirkt.
Seit vielen Jahren ist Soll der Pianist des Engstfeld/Weiss-Quartetts und pflegt eine intensive musikalische Partnerschaft mit dem Kölner Posaunisten Henning Berg. Er spielt im Quartett von André Nendza und konzertierte mit Bob Brookmeyers „New Art Orchestra“ im Village Vanguard, mit Benny Bailey, Christian Ramond, Jarek Smietana, Jarmo Hoogendijk, Hayden Chisholm, Peter Weiss auf der Expo 2000, oder mit der Till Brönner Band auf diversen Festivals.
Vom Tanzhaus NRW wurde er mehrfach für das Tapdancefestival engagiert, er war an der Uraufführung „Zerstören II“ (für verstärktes Orchester und Sampler) beteiligt und hat als Studio- oder Livemusiker u.a. für No Angels, Harald Juhnke, Ron Williams, Barbara Schöneberger, Babette van Veen oder Bürger Lars Dietrich gearbeitet.
Von 1989 bis 2007 war Hendrik Soll Dozent für Klavier und Ensemble an der OJHS (Offene Jazzhaus Schule) in Köln. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hatte er von 2000 bis 2005 einen Lehrauftrag und leitete die Jazzabteilung für eineinhalb Jahre komissarisch. Seit 2007 ist Soll Lehrbeauftragter und seid 2011 Professor für Jazzklavier und Ensemble an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
Homepage: www.hendriksoll.de
Christian Ramond
Kontrabass
- 1983–1987 Studium an der Musikhochschule Köln
- spielte bei zahlreichen Fernseh-, Rundfunk-, Theaterproduktionen
- Konzerte und Tourneen in Europa, Australien, Neuseeland, Japan, China, Syrien, Ägypten, Sudan, Mexico, USA, Kanada
- Festivals u.a. Köln, Leverkusen, Leipzig, Burghausen, Kempten, Wiehl, Hannover, Frankfurt, Rostock, Münster, Damaskus, Sydney, Yokohama, Montreal, Vancouver, San Fransisco, Varna, Amsterdam, Van Jing
Zusammenarbeit bzw. Konzerte mit:
J.Pass, A.Mangelsdorf, P.Catherine, K.Wheeler, Lee Konitz, Ch.Mariano, Th.Stanko, B.Shew, Jon Eardly, D.Liebman, K.Berger, Itaru Oki
Aktuelle Besetzung u.a.:
Engstfeld/Weiss-Quartett, D.R.A., Michel Pilz-Trio, Theo Jörgesmann-Quartett, Praskin-Köhler-Quartett, Atlantic Auge
Diskographie (u.A.):
- „Melusian“ und „Arbor“ mit Michel Pilz
- „Future of the smallest form“ und „D.R.A. Real“ mit D.R.A.
- „Ta Eko Mo“, „Snyblomen“ und „Hybrid Identity“ mit Th. Jörgesmann-Quartet
- „Signs Lings“ mit Jochen Feucht Trio
- „Weirdos“ mit Peter Weniger Quartett
- „Lisboa“ mit Engstfeld/Weiss-Quartett
- „Planetarium“ mit J.Singla-Blumenbein
- „Around Jazz“ mit Praskin-Köhler Quartett
- „Atlantic Auge“ und „Schnee in …“ mit Atlantic Auge
Das Schumann-Projekt
Schon seit langer Zeit beschäftigten sich die beiden Düsseldorfer Wolfgang Engstfeld und Peter Weiss mit dem Gedanken, die Musik von Robert Schumann zu Texten von Heinrich Heine zu bearbeiten. Nicht nur die Verbundenheit dieser großartigen Künstler des 19. Jahrhunderts mit Düsseldorf war hier ausschlaggebend. Vielmehr reizte die melodische Eleganz und romantische Harmonik Robert Schumanns, angeregt durch Heinrich Heines Dichterliebe, zu einer Neubearbeitung.
Hendrik Soll und Wolfgang Engstfeld schrieben die ersten Bearbeitungen, die später in gemeinsamen intensiven Proben mit Christian Ramond und Peter Weiss ausgearbeitet wurden. Wichtig war es der Gruppe, den Geist und das Gefühl dieser Stücke einzufangen und in die Sprache des modernen Jazz zu übersetzen.
Dichterliebe – vier Musiker lieben ihren Dichter
Es sind Reisen in die Ferne, die auf Künstler stets unauslöschlichen Eindruck machen. Der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy fuhr erst nach Schottland, dann nach Italien – beiden Ländern widmete er Symphonien. Der dänische Big-Band-Leiter Pierre Dörge spielte in Gambia – und brachte seine traumhafte CD „Brikama“ mit. Der Jazzpianist Keith Jarrett kam nach Köln und Tokio – die Mitschnitte wurden zu seinen berühmtesten Alben.
Auch das in Düsseldorf beheimatete Engstfeld-Weiss-Quartett hat sich oft auf Reisen begeben und sich dort vom Funken der Inspiration entzünden lassen. Die vier Musiker spielten beispielsweise in Portugal; ihre Impulse verarbeiteten sie in der CD „Lisboa“. Jetzt sind sie abermals aufgebrochen: in die Vergangenheit. Das Ziel hat auch nur ein paar hundert Meter jenseits des Düsseldorfer Rheins gelebt: Robert Schumann. Für ihn als städtischen Musikdirektor war Düsseldorf eine problematische Zeit, es waren Jahre deprimierender Erfahrungen, künstlerisch wie menschlich.
Das ist lange, sehr lange her. Doch für Künstler wie Wolfgang Engstfeld (Tenorsaxophon), Hendrik Soll (Klavier), Christian Ramond (Bass) und Peter Weiss (Schlagzeug) war die Vergangenheit nie ein toter Raum; Soll hatte bereits für das „Lisboa“-Album in subtilem Gedenken an Mendelssohn ein Lied ohne Worte, einen „Song without words“, komponiert. Jetzt hat das Quartett die CD „Dichterliebe“ eingespielt, die sich – nomen est omen – ausschließlich mit Robert Schumann und ausgewählten Liedern aus seinem berühmtesten Zyklus (auf Texte von Heinrich Heine) befasst.
Der Titel ist hintersinnig. Für das Engstfeld/Weiss-Quartett ist Schumann wahrlich ein Dichter der Töne, den die Musiker lieben gelernt haben – nicht nur, weil er lokaler Patron war und im Jahr 2006 seines 150. Todestages gedacht wird, sondern auch weil er eine wunderbar offene Basis für jazzige Ausflüge bietet. Schumann war einerseits ein versponnener Melodienlyriker, andererseits ein vehementer Rhythmiker. Diese Doppelbegabung macht sich das Quartett, das um die melodisch-rhythmische Achse Engstfeld/Weiss in wechselnden Besetzungen seit über 30 Jahren besteht, sozusagen nutzbar.
Die Musiker tauchen ein in das Fluidum der Lieder und verwandeln ein direktes Zitat vom Liedbeginn sozusagen in ein Initial, das am Anfang einer weit ausgreifenden Jazz-Improvisation steht. Die kreiselnde Terz im Thema von „Die Rose, die Lilie, die Taube“ wird zum Energiezentrum, in dessen Innenraum die Post abgeht. Im Lied „Im wunderschönen Monat Mai“ wird Schumanns originale Melodie von Engstfeld nicht verändert, nur ausgeziert; der harmonische Kontext wird von Soll und Ramond freilich vollständig umgebaut. Das gleiche schöne Schicksal widerfährt dem Lied „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“.
Immer wirkt Schumann wie ein Nahestehender, der nicht zu nahe stehen möchte. In dieser Mischung aus Nähe und Entfernung liegt das Kalkül der CD. Doch hat sie auch ihr Mirakel, das es zu ergründen gilt: das Stück „Clara“, das sich bei Ramond und Weiss wie ein Sarg der Liebe zwischen die beiden Versionen von „Am leuchtenden Sommermorgen“ senkt. Und wenn Pianist Hendrik Soll am Ende in seinem Abschiedsmonolog das erste Stück der „Kinderszenen“ beschwört (mit dem die CD begann), hat dies den Charakter einer Reminiszenz und einer ästhetischen Beglaubigung: dass man, wenn man jazzig über Schumann debattiert, ein bisschen träumerisch und mit erwachsenem Herzen Kind sein darf.
Wolfram Goertz, Musikredakteur „Rheinische Post“ Düsseldorf